Wie »Pharmakritiker« (ungewollt) zu Lobbyisten werden

Am Beispiel Ivermectin: »Big Pharma«-Kritiker werden zur Trägerrakete für Medikamentenhersteller.

Im April 2022 hatten wir uns mit einer Studie beschäftigt, die auf dem Blog tkp.at indirekt vorgestellt und als Beleg für die Wirksamkeit von Ivermectin in der Behandlung von COID‑19 heran gezogen wurde.

Das Ergebnis unserer Recherchen war klar: Wer solche Studien als Beleg heran zieht, hat sie entweder nicht verstanden oder versucht bewusst seine Leser in die Irre zu führen.

Inzwischen gibt es eine weitere, interessante Wendung bei dieser Geschichte: Das die Studie veröffentlichte Fachjournal Cureus veröffentlichte nachträglich einen nicht deklarierten Interessen­konflikt: In die Studie eingebundene Wissenschaftler standen auf der Gehalts­liste der brasilianischen Ivermectin Herstellerin Vitamedic. Das hatten sie in der Studie aber verschwiegen.

⊕ Nachträglich veröffentlichter Interessenkonflikt Insgesamt wurde bei nicht weniger als 5 der an der Studie beteiligten Wissenschaftlern Verbindungen zur Ivermectin-Lobby festgestellt. cureus.com

Für Vitamedic scheint es sich ausgezahlt zu haben: Deren Ivermectin-Umsatz hat sich während der Pandemie von 15,7 auf 470 Million Real (damals rund 104 Millionen Euro) gesteigert. ⊕ »Last year, Brazilian maker Vitamedic Industria Farmaceutica sold 470 million reais ($85 million) worth of ivermectin, up from 15.7 million reais in 2019. It spent 717,000 reais on ads touting ivermectin as an early treatment against Covid, Vitamedic director Jailton Batista said on Aug. 11 during testimony to Brazilian lawmakers investigating the government’s handling of the pandemic.« (zitiert aus Bloomberg Businessweek, siehe unten)

Wer also »Big-Pharma« kritisiert, sollte aufpassen, nicht einfach nur das Lobbying für eine andere Pharma­firma zu übernehmen. Pharma­firmen, welche gerne auch am COVID-Kuchen mitnaschen möchten, sind durchaus in der Lage, Maßnahmen­gegner und vermeintlich kritische Geister vor ihren Karren zu spannen.

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