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Kontrollverlust beim IStGH: Warum Datenhoheit für Institutionen überlebenswichtig ist

Externe Anbieter, proprietäre Software und zentrale Plattformen: Wie mangelnde Datensouveränität Behörden und NGOs angreifbar macht.

IStGH Chefankläger Karim Khan hat den Zugang zu seinen E-Mail Konten verloren.

15. Mai 2025, Euro News

Dieser Tage hat sich – von den meisten nahezu unbemerkt – gezeigt, wie riskant es ist, wenn Institutionen und Behörden glauben, Datenschutz und -souveränität einfach ignorieren zu können. Der Inter­nationale Straf­gerichts­hof (IStGH) Der Internationale Strafgerichtshof ist ein ständiges internationales Straf­gericht mit Sitz in Den Haag (Niederlande). Seine Zu­ständig­keit umfasst Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlich­keit, Verbrechen der Aggression und Kriegs­verbrechen. ist in seiner Arbeit massiv eingeschränkt, weil er zentrale Kommunikations­mittel seiner obersten Ankläger von einem externen Anbieter betreiben lässt. So war es ein Leichtes für die US-Regierung, die Arbeit des IStGH zumindest vorübergehend spürbar zu stören. Offen­sichtlich ist selbst großen Organisationen nicht ausreichend bewusst, dass sie die Hoheit über ihre Daten nicht so einfach aus der Hand geben sollten.

Datenhoheit, auch als Datensouveränität bekannt, meint die Verfügungs­gewalt und Kontrolle über jene Daten, die für das Funktionieren der Organisation wichtig sind. Eine Mailbox bei einem externen Anbieter anzulegen, stellt selbstredend ein Risiko dar. Wenn diese schon nicht selbst betrieben werden, sollte die Auswahl des Anbieters entsprechend sorgfältig erfolgen. Hierbei geht es darum, den Datenschutz sicherzustellen – also zu verhindern, dass Informationen in die falschen Hände geraten. Weiters ist natürlich sicher zu stellen, dass der Organisation der Zugriff auf die Daten erhalten bleibt.

Auch die Wahl der Software ist für die Souveränität von entscheidender Bedeutung: Open Source Software bietet meist mehr Sicherheit vor plötzlichen Einschränkungen, Bei Open Source Software liegt der Quellcode, also die Baupläne des Programms offen zur Einsicht auf. Sie kann daher leichter auf Schwachstellen geprüft und selbsttätig repariert werden. als die Abhängigkeit von einem proprietären Anbieter.

So gesehen hat der IStGH so ziemlich alles falsch gemacht: Statt eines standardisierten Mailservers, verwenden sie Outlook, das dem US-Konzern Microsoft gehört. Die Mailboxen selber liegen dann auch noch auf einem fremden Gerät.

Die Verwendung zentralisierter Social Media Dienste als Kommunikationskanäle, mit denen Behörden die Bevölkerung informieren, sollte auch unter dem Souveränitätsaspekt vermieden werden. Die Behörden wären gut beraten, auf dezentrale, selber betriebene Dienste (Fediverse) Das Fediverse ist ein Netzwerk aus voneinander unabhängigen, dezentralen »Social Media«-Plattformen. zu setzen. Andernfalls laufen sie Gefahr, dass ihnen im entscheidenden Moment diese Leitungen gekappt werden und sie die Bevölkerung nicht mehr erreichen. Im schlimmsten aller Szenarien, wird die Nachrichtenlage durch den Betreiber selber oder eine dritte Partei, welche sich Zugriff auf die Plattform verschafft hat, verfälscht. All das lässt sich verhindern, wenn Regierungen dazu übergingen, nur noch mittels eigener, auf offenen Standards basierender Dienste zu kommunizieren.

Und was für Regierungen gilt, sollten sich auch Nicht-Regierungs­organisationen (NGOs) zu Herzen nehmen. Die Universität Innsbruck geht mit gutem Beispiel voran: Sie verlagert ihre Aktivitäten auf das offene und selbst betriebene Mastodon Mastodon ist ein Microblogging Netzwerk, ähnlich wie Twitter, aber dezentral. und bietet über RSS auch ein datenschutzfreundliches Abo-System an, das ebenfalls nicht von Dritten abhängig ist.


Quellen

Estelle Nilsson-Julien. Euro News. Trumps Sanktionen behindern die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs massiv 🌐

Wikipedia. Datenhoheit 🌐

Universität Innsbruck. Open Science Com­mu­ni­ca­tion – Positionspapier des Kommunikationsteams der Universität Innsbruck 🌐

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