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Radausflug rund um die Mahü – was können die von der Politik vorgeschlagenen Umfahrungen?

Für das Wiener Radverkehrsnetz ist die Mariahilfer Straße eine wichtige Verbindung. Wir erkunden einige vorgeschlagene Ergänzungsrouten, bewerten deren Alltagstauglichkeit und zeigen, welche Potenziale für künftige Verbesserungen bestehen. Am Ende besuchen wir gestalterische Highlights in Mariahilf.

Inhalt

Das Hauptradverkehrsnetz Wien gliedert sich in Basisrouten, Grundnetz und erweitertes Grundnetz. Die Basisrouten stellen das Rückgrat des Wiener Radverkehrsnetzes dar. Das Grundnetz wiederum umfasst die wichtigsten Querverbindungen. Die Mariahilfer Straße spielt im städtischen Radwegenetz eine tragende Rolle. Sowohl die innere als auch die äußere Mariahilfer Straße sind Teil des Grundnetzes. Sie verbindet die Basisroute am Gürtel mit dem Ring und der Zweierlinie. Vor dem Hintergrund, dass die Neugestaltung der äußeren Mariahilfer Straße zusätzlichen Radverkehr in die innere Mahü bringen wird, haben NEOS und Grüne beantragt, »alternative Radrouten zwecks Entlastung der Mariahilfer Straße auszuschildern«. Ein sinnvoller Vorschlag? Ich bin zwei der in diesem Antrag vorgeschlagenen Routen heute abgefahren.

Durch den 7. Bezirk

Westbahnhof – Schottenfeldgasse – Apollogasse – Zieglergasse – Seidengasse – Hermanngasse – Burggasse – Museumsquartier

Schottenfeldgasse – hier verlassen wir die Mahü, um über Neben­straßen zum Ring zu radleln.

Wir beginnen am oberen Ende der inneren Mariahilfer Straße. Nach einem kurzen Stück in der Begegnungszone führt uns die Schottenfeldgasse zur Apollogasse, die wir stadteinwärts bis zur Zieglergasse fahren. Diese müssen wir dann wiederum Richtung Achten bis zur Seidengasse vor fahren, welche uns letztendlich auf die malerisch gewundene Hermanngasse führt. Für Genussradler ist es kein schlechter Weg. Wer jedoch schnell von A nach B kommen möchte, wird durch die zahlreichen Kurven und Abzweigungen auf eine harte Geduldsprobe gestellt.

Hermanngasse – wir umfahren das Bezirksamt vorbei an begrünten Baumscheiben und durch malerische Gasseln.

Die Hermanngasse mündet in die Burggasse. Diese kann auf einer breiten Busspur flott in Richtung Innenstadt befahren werden. Hier kommt mensch schnell voran – der Genussfaktor ist so lala – aber man kann nun einmal nicht immer alles haben.

Burggasse – auf der Rad/Bus/Taxi-Spur kommen wir flott voran.

Leider endet diese eigentlich hochwertige Strecke in einem radfahrerischen Nirwana. Ein zunehmend enger werdender Mehrzweckstreifen endet abrupt knapp vor dem MQ. Ab da muss man sich halt auf den drei MIV Spuren nach vorne tasten. An einem Sonntag ist das kein Problem, aber im Berufsverkehr, wenn gefühlt alle außer mir zu spät aufgestanden sind und es daher eilig haben, wird dieser kurze Abschnitt wohl für viele zum Showstopper.

Burggasse kurz vor MQ – ein zunehmen enger werdender Mehrzweckstreifen, kaum erkennbare Piktogramme. Hier radelt es sich schon nicht mehr so angenehm.
Das dicke Ende der Burggasse – drei MIV Spuren, null Radinfrastruktur. Hier anzusetzen könnte sich auszahlen, damit diese Route von einem breiteren Nutzerkreis angenommen wird.


Fazit

Schottenfeldgasse - Apollogasse - Zieglergasse - Seidengasse - Hermanngasse - Burggasse. Positiv: kaum nennenswerte Steigungen! Der verwinkelten Verlauf macht sie zu einem »Geheimtipp«. Diese Strecke ist fahrbar und in Teilen sehr attraktiv. Der verwinkelten Verlauf macht sie zu einem »Geheimtipp«. Diesen prominent auszuschildern, wäre sinnvoll. Für über die äußere Mariahilfer Straße Ein­fahrende ist diese Route jeden­falls interessant. Vor allem wenn ihr Fahrtziel im 7./8. Bezirk liegen sollte. Die Burg­gasse müsste am untersten Ende unbedingt radfreundlicher gestaltet werden.


Durch den 6. Bezirk

Museumsquartier – Linke Wienzeile – Magdalenenstraße – Esterhazygasse – Königsegggasse – Otto-Bauer-Gasse – Schmalzhofgasse – Webgasse – Westbahnhof

Zurück fahre ich dann über die Linke Wienzeile. Zunächst einmal machen wir einen kurzen Stop um die vor kurzem am Naschpark gesetzten »XXL-Bäume« zu bewundern. Hübsch ist er geworden, er wirkt noch recht neu und artig. Um diese Zeit ist noch nicht viel los, ein paar Hundehalter führen ihre Vierbeiner Gassi. Auf einer der Bänke plaudern Anrainer im Sonnenschein, der trotz der frühen Morgenstunden durch eine Baulücke scheint.

Naschpark – ein kleiner Umweg, um die »XXL-Bäume« zu bewundern. (links im Bild, mit den weißen Stämmen)

Weiter geht es dann in die Magdalenenstraße. Die Engstelle bei der U-Bahn Baustelle ist wie immer sehr spannend zu befahren. Anhänger und Lastenräder sollten diese meiden. Auch alle anderen sind angehalten sehr, sehr vorsichtig zu sein. Ein Wunder und zugleich ein Kompliment an Wiens Radfahrer, dass dort nicht mehr passiert.

Abzweigung von der Linken Wienzeile in die Magdalenenstraße – was wird hier eigentlich umgeleitet?
Engstelle in der Magdalenenstraße – hier ist vorausschauendes Fahren angesagt!

Von der Magdalenenstraße zweigen wir rechts ab in die Esterházygasse und strampeln diese hinauf bis zur Gumpi. Die Querung der Gumpendorfer Straße erfordert viel Aufmerksamkeit und Vorsicht. Autofahrer sind dort tendenziell damit beschäftigt, den Bus zu überholen. Ein querender Radler kann da schon einmal übersehen werden. Ob ich einem 12-Jährigen empfehlen würde, diesen Weg zu wählen?

Nach der Querung mit der Gumpendorfer Straße geht es dann über die Esterházygasse noch ein kleines Stück bergauf bis wir links in die Schmalzhofgasse einbiegen. Diese rolle ich entspannt bis zur Webgasse die mich dann wiederum zur Mahü und zum Westbahnhof führt.


Fazit

Vom MQ über Linke Wienzeile und den 6. zum Westbahnhof. Das Höhen­profil ist ungünstig, da wir etliche Meter abbauen, um zum Wiental­rad­weg zu gelangen. Die Höhen­differenz zwischen MQ und West­bahnhof beträgt eigent­lich nur 18 m. Über diese Route werden es insgesamt 34 m, was nahezu einer Ver­doppelung entspricht. Wenn man umgekehrt, also stadteinwärts, fährt und ohnehin in die Gegend des Karlsplatzes will, ist das eigentlich eine feine Route. Kritische Punkte sind die Querung der Gumpi und die Engstelle in der Magdalenenstraße. Stadtauswärts ist sie wegen der Steigungen eher ein Fall für sportliche Radfahrer. Ich persönlich werde sie wenig nützen, da sich mein zu Hause auf halber Höhe zwischen Wiental und dem Höhenzug der Mariahilfer Straße befindet.


Mariahilfer Highlights auf der Rückfahrt

Am Nachhauseweg besuche ich noch ein paar stadtgestalterische Highlights der letzten Jahre: Den Christian-Broda-Platz, die Otto-Bauer-Gasse, die Königsegggasse und natürlich den Schmalzhoftempelpark am Loquaiplatz. Es hat sich viel zum Bessern verändert durch diese Umgestaltungen und sie zeigen deutlich, dass Begrünungsmaßnahmen auch immer etwas Zeit benötigen, um sich zu entwickeln.

Christian-Broda-Platz – die anfangs grauen Kiesflächen strahlen im Herbstlicht. Man muss neuen Grünflächen auch immer etwas Zeit geben, sich zu entwickeln.
… das gilt auch für Steinbeläge mit Rasenfugen. Diese hier nehmen Niederschlagswasser auf, das sie später wieder verdunsten können.
Otto-Bauer-Gasse – viel beradelt und viel begangen.
Königsegggasse – die anfänglich schüchtern wirkenden Bäume beginnen schattenspendende Kronen zu bilden.
Schmalzhoftempelpark am Loquaiplatz – es ist immer wieder ein Freude, den zu durchschreiten. Man beachte die kunstvoll gestalteten Laternen.


Quellen

Bezirksräte der Grünen Alternative Mariahilf und NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum. Antrag: Verstärkte Information zu alternativen Radrouten zwecks Entlastung der Mariahilfer Straße

Stadt Wien. Stadtentwicklung und Stadtplanung. Hauptradverkehrsnetz 🌐

Bildnachweis: Karte erstellt mit AlpenvereinAktiv, ©️Outdooractive, OpenstreetMap

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