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Mordlust im Garten
Hauskatzen schaden der Artenvielfalt mehr als viele wissen (wollen). Grund ist das unnatürliche Jagdverhalten der Samtpfoten, welches ihnen auch nicht abtrainiert werden kann.
»… die Hauskatze wird zu den 100 schlimmsten invasiven Arten weltweit gezählt …«
Haus- und Wildkatzen sind sich äußerlich so ähnlich, dass sie oft nur mittels Genanalyse unterschieden werden können. Ihr Verhalten ist jedoch sehr unterschiedlich. Hauskatzen (Felis catus) stammen von der afrikanischen Falbkatze (Felis lybica lybica) ab. Sie sind das Ergebnis einer Zuchtauswahl, bei der gezielt Jagdtrieb und Hungergefühl voneinander entkoppelt wurden. Die Folge: Hauskatzen jagen um des Tötens willen, nicht um sich zu ernähren. Sie gehen auch dann noch auf die Jagd, wenn sie bereits satt sind. Das ist dem Tier nicht vorzuwerfen, denn so wurde es von unseren Vorfahren gezüchtet. Und die hatten einen guten Grund dafür: Die Korn- und Vorratsspeicher mussten von Mäusen und anderen Kleinnagern frei gehalten werden. Dafür brauchte es ein Haustier, das sich nicht nach Verzehr der ersten Maus gemütlich in die Ecke legt, sondern weitere fängt und idealer Weise »vorlegt«. Daher rührt auch das in unserer Zeit eher irritierende Verhalten, die Beute ins Haus zu tragen und dort zu präsentieren.
Wer meint eine Katze erziehen zu können, indem er sie bei jedem vorgelegten Vogel »bestraft«, der irrt: Ihr Verhalten ist genetisch verankert. Auch verwilderte Hauskatzen verhalten sich nicht wie eine Wildkatze. Im Gegensatz zu Hunden sind Katzen generell schwer zu erziehen.
Die Verantwortung für die Stubentiger liegt bei bei den Haltern.
Dass sogenannte »Freigänger«, also Katzen, die sich außerhalb der Wohnung aufhalten, der Artenvielfalt schaden, wird von Katzenliebhabern gerne übersehen. Gärten, in denen sich Hauskatzen herumtreiben, sind für Kleinsäuger und Vögel als Brut- oder Lebensraum weitestgehend verloren. Alleine der Stress, den die Anwesenheit einer Samtpfote erzeugt, lässt viele Tiere abwandern oder behindert zumindest deren Fortpflanzung.
Das Territorium von Hauskatzen kann viele Hektar groß sein und die zunehmende Beliebtheit von Katzen als Haustiere führt insbesondere in siedlungsnahen und urbanen Räumen zu unnatürlich hohen Dichten. Damit belasten Freigänger auch noch weit entfernte Nachbargärten. Vor allem jene, die gezielt naturnah und biodiversitätsfreundlich arbeiten, haben wenig Freude, wenn Zauneidechsen, Blindschleichen, bodennahe brütende Vögel oder Eichkätzchen von Nachbars Katze vertrieben werden. (Mit einer gewissen Populationsdichte sind übrigens auch die Kothaufen in Sandkästen und Beeten ein Ärgernis.)
Katzenliebhaber, die meinen, ihr Liebling sei die große Ausnahme und jage eh nur wenig, ignorieren, dass nur ein Viertel der Beute zu Hause vorgelegt wird. Ein weiteres Viertel landet im Bauch des Jägers und der größte Teil – rund die die Hälfte der Jagdbeute! – wird einfach tot oder schwer verletzt vor Ort liegen gelassen. Dass in einem von Katzen bestrichenen Gebiet viele Arten aufgehört haben zu brüten, ist nachvollziehbar. Auch deshalb, weil alleine die Anwesenheit eines unnatürlich mordlüsternen Räubers den Wunsch hier Nachkommen aufzuziehen, stark vermindert.
Lasst die Stubentiger in der Stube!
Die einzig wirkliche Lösung ist: Lasst die Stubentiger in der Stube! Hauskatzen sind nicht Teil des natürlichen Ökosystems. Sie verringern die Artenvielfalt und löschen auf lokaler Ebene ganze Populationen aus. Unsere Gärten verarmen, weil viele Reptilien und bodennah brütende Vögel dem Jagddruck nicht standhalten.
Wer dennoch meint, seine Katze ins Freie schicken zu müssen, kann versuchen mit bunten Halstüchern deren Jagderfolg zu verringern. Der Stress für Elterntiere bleibt aber natürlich. Wichtig wäre auch, mit der Katze zu Hause viel zu spielen und sie mit genügend Fleisch zu füttern – ein interessanter Spagat für Veganer.
Schutz bedrohter Vogelarten
Europäische Wildkatze (Felis sivestris) – äußerlich ist sie von einer Hauskatze kaum zu unterscheiden – am ehesten noch durch die drei bis fünf dunkeln Ringe im Fell des Schwanzes. In ihrem Verhalten weichen die beiden Arten jedoch grundlegend voneinander ab. Luc Viatour Für in unseren Breiten bedrohte Vogelarten wie die Haubenlerche sind Hauskatzen weder das einzige noch das größte Problem. Aber sie sind auch keines, das ignoriert werden kann. Während die Zerstörung der Lebensräume vom Einzelnen nicht direkt beeinflusst werden kann, liegt die Entscheidung, wo die Katze sich aufhalten darf, einzig und alleine beim Halter. Mitunter helfen Behörden aber auch nach und erlassen ein Verbot für Freigänger-Katzen während der Brutzeit.
»Tierliebe« am Prüfstand
Rechtlich ist so ein Vorgehen durchsetzbar. Die Europäische Vogelschutzrichtlinie bietet dafür beispielsweise eine Handhabe. Praktisch wagen Behörden jedoch nur selten bis nie, ein solches Verbot zu erlassen oder gar durchzusetzen. Trotz gegenteiliger Faktenlage genießen Katzenhalter den Ruf tierlieb zu sein. Boulevardmedien und die an Freigängern sehr gut verdienenden Tierärzte sind eine nicht zu unterschätzende Lobby. Es bleibt also meistens beim Apell an die Halter, ihr Konzept der »Tierliebe« kritisch zu hinterfragen – denn ein Raubtier ist nun einmal nicht »lieb« zu anderen Tieren. Und wem das nicht genügt, der lässt sich vielleicht über’s Geldbörsel motivieren: Die Kosten für die Entwurmung und Verarztung der bei Revierkämpfen zugezogenen Verletzungen können im Laufe eines Katzenlebens locker vierstellig werden.
Quellen
Univ.Prof. Dipl.-Biol. Dr. rer.nat. Klaus HACKLÄNDER et al. Department für Integrative Biologie und Biodiversitätsforschung. Universität für Bodenkultur Wien. Einfluss von Hauskatzen auf die heimische Fauna und mögliche Managementmaßnahmen 🌐
Martina Cecchetti, Sarah L. Crowley, Cecily E. D. Goodwin, Robbie A. McDonald. Provision of High Meat Content Food and Object Play Reduce Predation of Wild Animals by Domestic Cats Felis catus. In: Current Biology. February 11, 2021 🌐
Sigrid März. RiffReporter. Frei laufende Hauskatzen – keine Gefahr für Amseln, aber für die Haubenlerche 🌐
Bildnachweis
Opengraph Image: Foto von laurenta_photography
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