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Der Radweg ist zu benutzen

Unübersichtliche Radweg-Beschilderung in Wien sorgt selbst bei der Polizei für Verwirrung – und zeigt, wie dringend eine Reform der Radinfrastruktur nötig ist.

Gestern Abend am Heimweg: Wie jeden Abend trafen sich zahlreiche Autolenker zum gemeinsamen Stauen in der Operngasse. Ein Radly 🏳️‍🌈 Radly ist hier als Reminiszenz an Hermes Phettberg, die nach seinem System entgenderte Version des Radlers. Der übrige Artikel ist 2.0 gegendert. , das rechts an ihnen frech vorbeizieht, erregte die Aufmerksamkeit einer ebenfalls im Stau stehenden Funkstreife: Mit gestrenger Stimme, via Lautsprecher wurde ich ermahnt: »An den Herrn auf dem Fahrrad: Links ist ein Radweg, dieser ist zu benutzen!« Zur weiteren Abklärung der Sachlage fuhr ich rechts ran. Die beiden Beamten bestanden auf ihrer Sichtweise, der Radweg sei benutzungs­pflichtig. Ich äußerte meine Zweifel, sagte aber zu, beim nächsten Mal genauer nachzusehen. Damit war die Sache vorerst erledigt.

Ich hab meine Nachschau nun vorgezogen, weil dank dieser neumodischen Internetkarten, kannst dich ja überall umschauen. Und siehe da, der Radweg ist stadtauswärts nicht benutzungspflichtig und folgerichtig mit einem eckigen statt einem runden Schild gekennzeichnet. Das ergibt durchaus Sinn, weil andernfalls jene Radler, die auf die Linke Wienzeile wollen, auf der falschen Seite fahren und dann die Operngasse queren müssten. Auch stehen dem MIV MIV = Motorisierter Individualverkehr dort 4 (vier!) Spuren zur Verfügung, während die Fußgänger und Radler sich den Gehweg teilen müssen.

Runde Schilder würden einen benutzungspflichtigen Radweg anzeigen, …

Was lernen wir nun daraus?

Das Wiener Radnetz ist an vielen Stellen außerordentlich komplex und unübersichtlich. Selbst die Gesetzeshüter haben nicht immer den Überblick. Kein Wunder, dass Radfahrer sich dann immer wieder einmal verirren oder im schlechteren Fall, das Radfahren gleich bleiben lassen.

… doch aus der Sicht des stadteinwärts fahrenden Radfahrers signalisieren eckige Schilder einen nicht-benutzungspflichtigen Fuß-/Radweg. Frage an die Verkehrsjuristen: Haben mit dem eckigen Schild die Fußgänger die Erlaubnis erteilt bekommen, ebenfalls auf den Fahrbahnen zu flanieren?

Wunschliste

Die Benutzungspflicht für Radwege wäre generell zu überdenken. Denn die Beschilderung bis ins Detail korrekt anzubringen, würde den Schilderwald wohl ins Unermessliche steigern. Vor dem Café Museum müssten dafür ein Gehweg plus zwei Radwegeschilder angebracht werden plus zwei Zusatzschilder zur Anzeige der Richtung. Andererseits überfordert der Status quo offensichtlich sogar diejenigen, die die Regeln aufgrund ihrer Profession eigentlich kennen sollten.

Die in Wien zwischen die MIV-Spuren hineingezwängten Radwege gehören entrümpelt und sauber verbunden. Aber bitte nicht auf Kosten der Gehwege! Wo dies nicht möglich ist, soll der MIV so weit entschärft werden, dass Fahrräder wieder gerne dort fahren, wo sie als Fahrzeuge eigentlich hingehören – und das ist die Fahrbahn und nicht eine auf einen Gehweg gepinselt Spur.


Bildnachweis: Bildschirmabzüge aus »Karten« von Apple Inc., Copyright © 2012–2024 Apple Inc.

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