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Gutes Licht

Das richtige Leuchtmittel auszuwählen gleicht einer Kunst. Ein kleiner Leitfaden für Interessierte.

Inhalt

„Das menschliche Gemüt ist ein heimlicher Sonnenanbeter.“

Helene Gräfin von Waldersee, Späne aus stiller Werkstatt. Aphorismen, 1908

Als die Gräfin diese Zeilen zu Papier brachte, war das Thema Beleuchtung gerade dabei sehr einfach zu werden: Tagsüber schien die Sonne und Abends „zündeten wir das Licht an“. Meine Großmutter sagte das manchmal so, obwohl Glühlampen die bis dahin gängigen Lichtquellen Feuer und Kerze schon längst abgelöst hatten. Auch wenn es nun keine offenen Flammen mehr gab, waren die elektrisch betriebenen Leuchtmittel bis vor kurzem allesamt Temperatur­strahler, mit durchgängigem Spektrum. Das menschliche Gemüt bekam also auch von den neuartigen Glühlampen eine vertraute Lichtqualität serviert.


$$\begin{flalign}&🔵 Licht_{hell}&→ 🤪&&&& \\ &🟠 Licht_{schwach}&→ 😴&&&& \end{flalign}$$ „Lichttechnischer Gemüts­kompass“ – Lichtfarbe und Helligkeit wirken sich auf unsere Stimmung aus
Abgesehen von der Helligkeit unterschied sich das Kunst- vom Sonnenlicht lediglich in der Farb­temperatur. Sonnen- also Tageslicht hat meist mehr Blauanteile als Kunstlicht, so dass wir Menschen seit Jahrtausenden uns daran gewöhnt hatten, dass ein schwaches, gelbliches Licht den Feierabend und damit die Ruhezeit einläutet.

Die Ära der Kaltstrahler

In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts kam die Leuchtstofflampe, vulgo „Neon-Röhre“ mit ihrem ungemütlichen, weil kalten Licht hinzu. Diese flackerte gerne, gab Brummgeräusche von sich und es brauchte ewig, bis sie nach dem Einschalten dann auch wirklich helles Licht abgab. In Wohnräumen war sie nicht sehr beliebt – sie endete als Stiegenhaus- und Straßenbeleuchtung. Ich denke, wohl auch deshalb, weil deren Lichttemperatur unseren Erwartungen an ein wohnliches Licht nicht entspricht. Nochmals 20 Jahre später, in den 80ern, tauchten „Sparlampen“ auf. Das waren diese Kompakt­leuchtstoff­lampen mit normalem Schraub­sockel. Diese kamen mit vielerlei Versprechen: Sie würden Energie und damit Geld sparen und alle Nachteile der Leuchtstoff­lampe beheben: „Gemütliches“ Licht abgeben, sofort hell sein und nicht flackern.

Im praktischen Betrieb blieben diese Sparlampen aber meist hinter den Versprechungen zurück: Die Lebensdauer der teuren Leuchtmittel war oft kürzer als angegeben und die Helligkeit ließ auch zu wünschen übrig. Vor allem aber stellte sich das „gemütliche“ Licht oft als gelbstichig und damit irgendwie grauslich heraus. Ein Problem das leider auch mit den LEDs nicht verschwunden ist.

Aber wie ist das möglich? Warum erscheint uns justament das Licht aus warm-white-Leuchtstoffröhren und LEDs so „mau“? Die Ursache liegt in der zu Grunde liegenden Technik, mit der Kaltstrahler ihr Licht erzeugen. Die einsseitige Bewertung der Lichtqualität, nur an Hand der in Kelvin angegebenen Lichttemperatur, unterschlägt einen wesentlichen Nachteil von Kaltstrahlern. Denn mindestens genau so wichtig für die Qualität des Lichts ist der Farbwiedergabeindex, kurz $R_a$ $R_a$ steht als Abkürzung für „Referenzindex allgemein“. Im englischen Sprachraum ist die Bezeichnung Colour Rendering Index, abgekürzt CRI gebräuch­lich. Es handelt sich dabei um eine dimensionslose Kennzahl mit einem Maximalwert von 100. .

Farbwiedergabe – das unterschätzte Qualitätsmerkmal

Farbwiedergabe ist ein Qualitätsmerkmal künstlichen Lichts. Eine Lichtquelle, deren Licht alle Spektralfarben enthält wie beim Sonnenlicht, lässt die Farben der beleuchteten Gegenstände natürlich aussehen – die Farbwiedergabe ist optimal. Dieser Text ist eine Zusammenfassung des Wikipedia-Artikels → Farbwiedergabeindex

Mit der zunehmenden Verbreitung energiesparender Leuchtstofflampen in den 1960er Jahren standen erstmals kostengünstige Lichtquellen in großer Zahl zur Verfügung, die keine Temperatur­strahler waren. Diese geben im Gegensatz zu den Temperatur­strahlern kein kontinuierliches sondern ein diskretes, also unterbrochenes Spektrum ab. Die einzelnen Lichtfarben sind bei Leuchtstofflampen und LEDs sehr ungleichmäßig verteilt, da deren weißes Licht aus mehreren farbigen Strahlern zusammengemischt wird. Auch wenn das Endergebnis ein weißes Licht ist, so leidet doch die Wiedergabe einzelner Farbschattierungen. Farbige Flächen und Gegenstände erscheinen in diesem Licht „stumpf“.

Der Farb­wiedergabe­index ist nicht von einer bestimmten Farb­temperatur abhängig. Ein Leuchtmittel kann warmes oder kaltes Licht mit einem hohen oder auch niedrigen Farb­wiedergabe­index liefern. Natriumdampflampe Natriumdampflampen verströmen ein sehr warmes Licht (2000 K). Ihr Farbwiedergabindex ist aber extrem schlecht. Natrium­dampf­lampen geben ein sehr warmes Licht mit einem grottenschlechten Farb­wiedergabe­index. Selbst bunte Autos erscheinen unter solchen Lampen farblos. Das kalte Licht spezieller Leuchtstoff­röhren für Arbeitsplätze in der Druckvorstufe hingegen, kann einen $R_a$ von 98 haben und ist damit fast so gut wie echtes Tageslicht.

Nach der EU sind im Innenbereich nur Lichtquellen mit einem Farb­wiedergabe­index von mehr als 80 zulässig. Im Außenbereich und für die industrielle Anwendung genügt ein $R_a$ von 65.

Eine Glühlampe mit farblosem Glaskolben besitzt einen $R_a$ von fast 100, während Leuchtstofflampen einen Wert von 70 bis 90 erreichen. Lichtquellen, die Licht nur in einer einzigen Wellenlänge ausstrahlen, wie etwa die Natriumdampflampen, erlauben überhaupt keine Unterscheidbarkeit von Farben und weisen demzufolge einen sehr niedrigen oder gar negativen $R_a$-Wert auf.

Sonnenlicht Die Farbtemperatur des Sonnenlichts schwankt stark (5000 - 27000 K), ist aber tendenziell kälter als künstliche Lichtquellen. Dass es dennoch oft als warmes Licht wahr­genommenen wird, liegt an der gleichzeitig empfundenen Wärme, welche dieser mit Abstand kräftigste Temperatur­strahler abgibt und unsere Sinne somit foppt. Da der Farb­wiedergabe­index lediglich die Ähnlichkeit mit der Referenzlichtfarbe beschreibt, bedeutet ein hoher Farb­wiedergabe­index nicht automatisch, dass alle Farben gut wiedergegeben und entsprechend beurteilt werden können, etwa in der Druckvorstufe. So enthält beispielsweise das Referenzlicht der Glühlampe (Temperatur­strahler mit 2700 K) nur sehr wenig blaue und violette Lichtanteile, woraus sich eine schlechtere Wiedergabe dieser Farben ergibt. Für eine gute Farbwiedergabe ist es nötig, dass nicht nur der Farb­wiedergabe­index hoch ist, sondern das Referenzlicht ein möglichst vollständiges Spektrum aufweist. Dies ist bei Farb­temperaturen von 4500 K bis 6000 K gut gegeben.

Praktische Anwendung

Im Außenbereich können getrost energiesparende Lampen mit einem niedrigen Farb­wiedergabe­index verwendet werden. Allerdings sollte dort vor allem eine warmes Licht, mit geringen Blau- und UV-Anteilen gewählt werden. Insekten aber auch Säuger wie Fledermäuse werden von warmen Lichtquellen mit geringem Blauanteil weniger irritiert. Vor allem aber sollte gerade im Außenbereich mittels Zeitschaltern oder Bewegungsmeldern dafür gesorgt werden, dass auch die vermeintlich sparsamen LEDs abgedreht werden, wenn die Beleuchtung nicht benötigt wird. → Lichtverschmutzung

Im Innenbereich ist der Energiespareffekt von Sparlampen und LEDs oft vernachlässigbar. Zumindest in unseren Breiten ist für rund die Hälfte des Jahres die Abwärme der Leuchtmittel eher eine willkommene Zusatzheizung als „verlorene“ Energie. In den anderen, warmen Jahreszeiten wiederum ist es so lange hell, dass die Beleuchtung kaum aufgedreht wird.

Glüh- und noch mehr Halogenleuchtmittel mit einem $R_a$ von 100 bringen fein schattierte Holzflächen oder den knackigen Tomatensalat erst so richtig zur Geltung. Es hat wenig Sinn, sich teure Vollholzmöbel ins Wohnzimmer zu stellen um diese dann unter eine LED mit mickrigem $R_a$ verblassen zu lassen.

Aber nicht immer ist das warme Licht der Glüh- oder Halogenlampen ideal: Auf Arbeits­flächen, wie in der Küche, ist ein tageslichtgleiches und damit kälteres Licht bei gleichzeitig hohem Farb­wiedergabe­index oft besser. Kaltes Licht wirkt auch belebend und ist daher im Badezimmer gerne gesehen. Auch ein hoher $R_a$ ist dort sinnvoll, weil die mit viel liebe aufgebrachte Gesichtsbemalung ja dann im Tageslicht auch genau so aussehen sollte, wie zuvor im Badezimmerspiegel.

Nicht zuletzt sollte das Licht der verschiedenen Lichtquellen zueinander passen. Leuchten, welche parallel zum Tageslicht eine Arbeitsfläche auch tagsüber aufhellen sollen, sollten besser ein kaltes, tageslichtähnliches Licht ~6000 K abgeben. Anderenfalls entsteht ein unterschwellig irritierendes Mischlicht. Das Tageslicht signalisiert Aktivität wohingegen das gelbliche Licht der Arbeitsplatzbeleuchtung schon den Feierabend einläuten würde.

Um die Auswahl final kompliziert zu machen, muss leider auch noch bedacht werden, dass kaltes Licht, wenn es tageslichtgleich wirken soll, eine vergleichsweise sehr hohe Leuchtstärke benötigt. Wohingegen schwaches aber warmes Licht anheimelnd wirkt, ist ein schwaches kaltes Licht gleich einmal gespenstisch. Es erinnert uns wohl an Mondlicht, mit all den Assoziationen von Müdigkeit bis Wehrwölfen.


Tabellarische Kurzform

Folgend nochmals kompakt zusammengefasst, welches Leuchtmittel wie dimensioniert für welchen Anwendungsfall in Frage kommt.

Leuchtmittel für verschiedene Anwendungsszenarien
Anwendung Beleuchtungs­stärke Farb­temperatur Farb­wiedergabe Beispiel
Außenbeleuchtung – funktionell (Verkehrsfläche) gering warm $ \approx 3000 K$ niedrig warmweiße LEDs
Innenbeleuchtung – wohnlich gering bis mittel warm $ \approx 3000 K$ hoch
$R_a=100$
(Halogen‑)Glühlampen
Innenbeleuchtung – funktionell / tageslichtkompatibel hoch kalt $ \approx 5500 K$ hoch
$R_a = 98..100$
spezielle Leuchtstoffröhren (z.B. Philips MASTER TL‑D Graphica)

Selbstverständlich sind das nur grobe Anhaltspunkte, die dem jeweiligen Geschmack und Anwendungsfall angepasst werden müssen. Auch ist das ganze Thema stark subjektiv eingefärbt. Scheinbar objektive Messwerte wie der $R_a$ oder auch die Lichttemperatur in $K$elvin sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass Menschen diese unterschiedlich wahrnehmen können und dann auch noch unterschiedlich interpretieren.

Spezialfall Stiegenhaus

Bei der Beleuchtung eines Stiegenhauses kann je nach Materialien ein hoher oder niedriger Farbwiedergabeindex passender sein. Für einen hohen $R_{a}$ würde sprechen, wenn im Stiegenhaus hochwertige Materialien wie Echtholz oder Naturstein vorkommen.

Für ein Licht mit niedriger Farbtemperatur spricht beispielsweise, dass warmes, heimeliges Licht unterbewusst ein „Wohnzimmergefühl“ vermittelt, was wiederum die dort aufhältigen Menschen tendenziell davon abhält, Zigarettenreste und ähnliches einfach am Boden zu entsorgen.

Einer Beleuchtung mit Halogen­lampen, deren brillantes Licht ($R_a$ 100 bei 2800 K) gerade für repräsentative Stiegenhäuser gut geeignet wäre, steht leider deren hoher Stromverbrauch im Wege. Es bleiben also wohl LEDs mit niedriger Farb­temperatur und einem erträglichen $R_a$ von > 90 als gangbarer Kompromiss.

Bei der Beleuchtungsstärke im Stiegenhaus sollte Zurückhaltung geübt werden. Zum einen soll der Energiespareffekt, den LEDs gegenüber älteren Technologien bietet, ja nicht durch eine übertriebene Dimensionierungen wieder vernichtet werden. Zum anderen treten unvermeidliche Abnutzungs- und Verschmutzungs­erscheinungen der Allgemeinflächen unter gleißendem Licht mehr als nötig hervor. Und letztendlich zieht mehr Licht auch mehr Insekten an, die mensch im Stiegenhaus nicht haben will und die obendrein im Freien besser aufgehoben wären.

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