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Lasst es brennen?

Ärgert sich Putin über Selbstgebackenes in meiner Küche? Kann ein Vollbad energiesparender sein als eine Dusche? Energiespartipps auf den Grund zu gehen, offenbart Überraschungen.

Sie haben wieder Saison, diese angegrauten Energiespartipps, die wir alle schon in- und auswendig kennen: Nicht benutzte Geräte vom Netz trennen, sparsame LEDs anstelle der energiefressenden Glühlampen kaufen, nicht zu viel Fernsehen und den Wäschetrockner ja nicht verwenden. Ach ja – und natürlich Duschen statt Vollbad.

Glühlampen sind Spitzenprodukte, was die Lichtqualität betrifft – vor allem jene, die ein Halogenelement statt des Glühfadens enthalten. Dass sie nebenbei unsere Wohnungen heizen, bräuchte uns des Winters nicht zu stören – oder doch?

Dass solche Ratschläge gerade jetzt aufgewärmt werden, da es wieder kalt geworden ist, lässt tief blicken: Die Fensterplätze im Physiksaal müssen begehrt gewesen sein. Basiswissen wie der Energierhaltungssatz scheint in den Redaktionsstuben nicht gerade verbreitet zu sein. Dabei wäre gerade dieser recht kurz und knackig:

In einem abgeschlossenen System ist die Summe aller Energien konstant. Die Gesamtenergie bleibt erhalten. Es gilt: $$ ΔE=0 $$

-- Physik-Schulbuch

Für das praktische Leben folgt daraus: Die von Glühlampen „verschwendete“ elektrische Energie entschwindet nicht auf wundersame Weise, sondern nimmt lediglich eine andere Form an. Sie wird in Wärme umgewandelt. Folgerichtig muss jene Energie, welche eine LED „einspart“, durch vermehrtes Heizen wieder zugeschossen werden. Energietechnisch wäre mit LEDs während der Heizsaison also nichts zu gewinnen, wenn wir ignorieren würden, dass die Herstellung und Übertragung der elektrischen Energie Verluste erzeugt. Deren Bestimmung ist allerdings alles andere als einfach, wie sich bei den Recherchen zu diesem Artikel gezeigt hat. Dieses Thema muss dann wohl zu einem späteren Zeitpunkt geklärt werden. Wer sich schon einmal einlesen will, dem darf ich diese Seite empfehlen https://sedl.at/Strom/Oekobilanz Derweilen beschränken wir uns auf den finanziellen Aspekt. Dieser ist eindeutiger zu berechnen und in einem idealen Markt, würde der Preis auch die Umweltkosten abbilden. Die absurden Energiegeschenke zu Wahlkampfzeiten verzerren die Realität noch zusätzlich. In den folgenden Berechnungen, bleiben diese daher unberücksichtigt.

Tatsächlich ist elektrischer Strom für’s Heizen relativ teuer. Strom: 18-72 ct/kWh ⋄ Gas: 5,4-30 ct/kWh zzgl. Umwandlungsverl. ⋄ Fernwärme: 16,10 ct/kWh ⋄ Stand: November 2022 Auch der Ort der Wärmeproduktion – oben an der Decke – ist unter Umständen nicht optimal. Dass LEDs oftmals nicht annähernd so lange halten wie versprochen, verschlechtert ihre Bilanz zusätzlich. Dann fällt deren graue Energie vermehrt ins Gewicht. Solche Einwände sind per se nicht falsch. Dennoch wollen wir einmal nachrechnen, ob das Geknausere bei der Beleuchtung am Ende mehr bringt als das Gefühl, „etwas für die Umwelt getan zu haben“.

Zwei Luster mit je 12 Leuchten – also 480W glühlampen-äquivalente Leistung als Grundlage für die Berechnung. Als Beispiel nehmen wir eine Wohnung mit zwei üppig bestückten Lustern an. Je Luster sind zwei Ebenen a 6 Stück Hochvolt-Halogenlampen vorgesehen. Jedes Leuchtmittel hatte bisher 20 W verbraucht. Die Umstellung auf LED erspart den Bewohnern dieser Wohnung rund 22 € im Monat. Davon entfallen aber nur 16 € auf die Energiekosten, die Differenz von 6 € steuern die LED-Leuchtmittel wegen ihrer höheren Lebensdauer bei.

Tabelle: Umstellung HV-Halogen auf LED

Wenn allerdings die vermehrten Heizkosten gegengerechnet werden, schaut es nicht mehr so toll aus: Die Gesamtersparnis sinkt von 22 auf 12 € per Monat, davon sind aber nur mehr 5 € gesparte Stromkosten. Immer noch ein Plus aber wir sehen, dass der thermische Effekt nicht so einfach zu vernachlässigen ist.


LEDs im Sommer und im Außenbereich

Im Freien oder in Räumen, die nicht geheizt oder sogar kühl bleiben sollen, sparen LEDs uneingeschränkt Energie und Kosten. Weiters natürlich auch im Innenbereich während des Sommers – dann helfen Sie sogar dabei, die Räume kühl zu halten. Wobei im Sommer die Beleuchtung ohnedies auch weniger gebraucht wird. Sinnvoll sind die tendenziell doch langlebigeren LEDs auch dort, wo der Leuchtmitteltausch aufwändig und teuer ist – bei Straßenlampen beispielsweise.


Schlußfolgerungen Leuchtmitteltausch-Tausch

Rein finanziell betrachtet, ergibt es also so gut wie immer Sinn, Glüh- aber auch Halogenlampen gegen LEDs auszutauschen. Ob die damit einhergehenden Abstriche bei der Lichtqualität den im Winter auch noch reduzierten Spareffekt wert sind, ist eine sehr subjektive Abwägung. Wenn es um warmes, wohnliches Licht geht, sind Halogenlampen ungeschlagen. Bei tageslicht-kompatibler Beleuchtung geht nichts über Leuchtstoffröhren, wie die Graphica von Phillips mit einem CRI von 98. Dem Thema Lichtqualität widmet sich umfassend → Gutes Licht


Und was ist mit den Standby-Geräten, dem stromfressenden TV-Konsum, dem in der Nacht abgesteckten Internet-Router, dem Wäschetrockner? So lange geheizt werden muss und die Geräte nicht im Keller stehen, ist das alles ein bissl wurscht und das Tamtam mit dem Abstecken und -schalten vielleicht gar nicht wert. Messungen an moderneren Lade- und Elektronikgeräten ergaben durchwegs einen Quasi-Nullverbrauch im Standbybetrieb. Verbrauch Ladegerät iPhone 7, ~5 Jahre alt: 0 W; TV Gerät ~1 Jahr alt: 0 W. Gemessen mit VOLTCRAFT Energy Monitor 3000 von Conrad (Toleranz ± 1W). Dafür extra eine schaltbare Steckdosenleiste Diese Steckdosenleiste produziert sich ja auch nicht von alleine und schon gar nicht ohne Energieaufwand. anzuschaffen, mag einem ein gewisses Kontrollgefühl geben – real ändert mensch damit kaum etwas.


„Backen für den Frieden“

Energiesparen mittels Energieerhaltungssatz ginge so zum Beispiel: Mein Bäcker ist teurer geworden; klar, er heizt seinen Ofen auch mit Strom. Für mich ist die beim Backen des Brotes aufgewendet Energie aber verloren. Umfassend betrachtet natürlich nicht, siehe Energieerhaltungssatz oben. Es kommt darauf an, was der Bäcker mit der Abwärme der Öfen macht. Bläst er sie zum Fenster hinaus, ist sie für uns alle verloren. Wird die Abwärme in ein Wärmenetz o.ä. eingespeist, schaut es natürlich anders aus. Was also wäre naheliegender als den energieintensiven Backvorgang in die eigenen vier Wände zu verlegen? Dann bleibt die Abwärme genau dort, wo sie mir nützt! Beim Teigkneten wird mir gleich einmal schön warm. Und je nach Glaubensvorstellung rettet mensch dann das Klima, den Frieden, ärgert einen Ölscheich oder Diktator – einbilden kann man sich ja viel und manchmal ist so ein Kopfkino auch ganz lustig.

Legitimer Einwand ist freilich, dass ein Großbäcker vermutlich energieeffizienter backen würde. Dem ist wiederum entgegen zu halten, dass Transport und das Wegwerfen nicht verkaufter Ware den Effizienzgewinn vermindern. Wir sehen schon, das Erstellen einer Öko- oder auch nur Energiebilanz, ist alles andere als einfach, weshalb Kostenwahrheit gerade bei den Energiepreisen wichtig wäre. Auch dann, wenn sich daraus Preise ergeben, die den von Billigenergie verwöhnten Generationen absurd hoch vorkommen. Die damit drängender gewordene soziale Frage, wären besser via Verteilungsgerechtigkeit gelöst als mittels steuerfinanzierten Energiesponsorings.

Gugelhupf – selbstgebacken schmeckt er definitiv besser – aber kann er auch beim Energie„sparen“ helfen?

Ähnlich gelagerte Energiespartipps wären: Relativiert werden diese allerdings dadurch, dass das Wasser nicht um die gleiche Temperaturdifferenz abkühlen kann, um die es erwärmt werden musste. Also die Heizung abdrehen und statt dessen stündlich eine Vollbad zu nehmen, wäre keine gute Idee.

  • Ein Vollbad nehmen anstatt lange heiß zu duschen und das warme Wasser nicht ablassen sondern in der Wanne auskühlen lassen. Die beim Baden „verschwendete“ Energie heizt nun die Wohnung statt die Kanalisation.
  • Vor dem Abgießen des Nudelwassers den Abfluss zustöpseln. Das in der Spüle gesammelte, heiße Wasser heizt nun die Wohnung statt … aber das kennt ihr ja jetzt schon.

Tricks mit der Luftfeuchte

Beides erhöht übrigens die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung. Dieser Effekt ist je nach Bausubstanz und Wohnsituation günstig oder auch nicht. In einer an sich trockenen Wohnung, kann es dazu beitragen, die Luftfeuchte im empfohlenen Bereich > 40% zu halten. Wird es trockener, leiden die Schleimhäute. Auch ist das subjektive Wärmeempfinden bei feuchter Luft höher als bei trockener. Das liegt daran, dass die Körperfeuchtigkeit schneller verdunstet, wenn die Umgebungsluft trocken ist. Die daraus resultierende Verdunstungskälte spüren wir. Je feuchter die Raumluft ist, um so weniger warm müssen wir einheizen ohne dabei zu frieren.

Ist die Wohnung zu feucht, also bei einer relativen Luftfeuchte von > 70%, ist eine dampfende Badewanne nicht mehr sinnvoll. Ähnliches gilt, wenn das Badezimmer nicht in den Wohn- sondern nur in den Schlafbereich entlüftet werden kann. Also auch hier: Mitdenken ist gefragt.

Heizschlange am Rahmen eines schlecht isolierten Metallfensters.

Wer wegen Kältebrücken angehalten ist, die Raumluft­feuchtigkeit im ungesunden Bereich von < 40% zu halten, kann sich unter Umständen mittels Heizschlangen wie sie für Terrarien eingesetzt werden helfen. Diese punktuell angebracht, sorgen dafür, dass an den Kältebrücken das Wasser nicht kondensiert und erlauben so eine höhere und damit gesündere und Heizkosten sparende Luftfeuchtigkeit.

Danksagungen

Dieser Artikel war nur möglich, dank der umfangreicher Kommunikation mit Interessierten und Praktikern im Vorfeld. Nicht alle wollten hier namentliche genannt werden. Um so mehr freut es mich, dass ich mich bei Mario Sedlak für seine seine stets konstruktive Kritik bedanken darf!

Quellen

https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/physik/artikel/energieerhaltungssatz

https://de.wikipedia.org/wiki/Energieerhaltungssatz

https://de.wikipedia.org/wiki/Graue_Energie

https://www.e-control.at/konsumenten/strom/strompreis/was-kostet-eine-kwh-gas

https://sedl.at/Fernwaerme/Preis


Bildnachweise

Anonymous

Sonstige Farbphotographien Ingo Lantschner

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