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Das Wienfluss-Portal im Stadtpark
Alte Pläne zeigen, wie attraktiv Gewässer mitten in der Stadt gestaltet werden könnten.
Auf der Terrasse am linken Ufer ist eine Grotte projectiert, welche Abwechslung in die Terrassen-Architektur und dem Publicum Kühlung bringen soll.
Märchenhaft, phantastisch – ja geradezu bombastisch – wäre das Wienfluss-Portal am Stadtpark geplant gewesen. Die Idee, den Wienfluss aus dem überwölbten Bereich kunstvoll inszeniert wieder an der Oberfläche erscheinen zu lassen, war aber alles andere als eine Spinnerei. Beauftragt damit wurde das renommierte Architektenduo Friedrich Ohmann und Josef Hackhofer, welche unter anderem auch das Palmenhaus im Burggarten, die Brücke über den Tiefen Graben oder das Kurhaus in Meran entworfen haben. Die Pläne waren „vom Stadtrathe im Principe genehmigt“. Dennoch kam es anders – aus Gründen, die wir noch kennen lernen werden.
Die damaligen Planer wollten unter allen Umständen ein „schwarzes Loch“ und nackten Stein vermeiden. „Zu Eislaufzwecken ist eine Stauwehr unter der Stubenbrücke geplant“, der Wienfluss hätte also dort, wo wir heute Beton sehen, ein Wasserbecken befüllt. Damals dachte man ans Eislaufen, heute wohl eher an den kühlenden Effekt einer weiteren Wasserfläche mitten in der Stadt.
Doch auch abseits solcher Überlegungen hätte der Wasserspiegel der aufgestauten Wien einigen Reiz entfaltet. Während links eine Grotte „dem Publicum Kühlung bringen“ sollte, wären von oben und seitlich zahlreiche Wasserfontänen aus lebensgroßen Echsen und Mammuts ins Wasser geplätschert.
Wer nun glaubt, all dies wäre nur belangloser, dem damaligen Bauboom geschuldeter Pomp, der irrt. Freilich müssen es höchst optimistische Zeiten gewesen sein, die solche Pläne hervorgebracht haben. Auch lässt sich über Geschmack schlecht streiten. Aber die Architekten und Künstler haben sich einiges dabei gedacht. Vergegenwärtigen wir uns nochmals kurz die Situation kurz vor der Wienflussregulierung. Laufend verwüsteten die damals nicht beherrschbaren Wassermassen die Stadt. Mit der Regulierung sollte es erstmals möglich geworden sein, den Fluss zu bändigen. Mit Kenntnis dieser Hintergründe können wir interessante Details in der Symbolik der Figuren entdecken: So sehen wir zahlreiches gefesseltes oder zwischen Steinen eingeklemmtes, urzeitliches Wassergetier.
Man muss lange, lange hinschauen, um die ganze Zierlichkeit und Feinheit der Gedanken zu erfassen, die die Köpfe der genialen Architekten erfüllte.
Aus üppig wucherndem Grün blickt dem Beschauer überall phantastisches Urweltgetier entgegen, dessen groteske Gestalten nicht wenig die prächtige und doch ruhige Gartenstimmung fördern, auf die es den Schöpfern des Ganzen offenbar ankam.
Für reichliches Wasserspiel ist gesorgt. Zu den vielen Wasserstrahlen, die die verschiedenen Tiere von sich geben, kommen die großen Wassermengen hinzu, die ununterbrochen aus der mittleren Oeffnung der Wölbung unterhalb des großen Bassins in die Tiefe fließen. Nach den Qualen eines heißen Sommertages wird es eine Erfrischung und Erquickung sein, die Plätzchen bei dem „Dekorativen Abschlüsse der Wienflußüberwölbung“ aufzusuchen.
Froschmaul der seitlichen Brunnenschale. Nach den ursprünglichen Plänen sollte aus diesem Wasser in den darunter liegenden Wienfluss plätschern. Bereits im Jahr 1900 zeigte der Wienfluss noch einmal seine Krallen und schwemmte bereits gelagertes Baumaterial hinweg. Naturromantiker würden sagen, das Gewässer habe gegen seine Unterwerfung aufbegehrt. Faktum ist: Dem „Stadtrathe“ wurde die Sache zu kostspielig und im Laufe der Jahre wurde das Projekt immer mehr zusammengestrichen. Ohmann selbst soll die dann zur Ausführung gekommene Variante als „Friedhof“ bezeichnet haben – und so blicken wir heute auf Froschmäuler, die nach wie vor darauf warten, zur „Erquickung des Publicums“ Wasser speien zu dürfen.
Potential, das darauf wartet gehoben zu werden
Wieviel ungenutztes Potential das Wienfluss-Portal noch bereit hält, erkennen wir, wenn wir aus der Überwölbung hinaus in den Kanal blicken. Links und rechts des schmalen Rinnsals sehen wir viel Beton und Steine. Diese Fläche wäre aber dafür gedacht gewesen, dauerhaft mit Wasser bedeckt zu sein. Vom rechten Ufer aus wären sogar Zugänge von dem darüber liegenden Restaurant vorgesehen. Die aktuelle Besitzerin hat diese unverständlicher Weise zumauern lassen. Jetzt stellen wir uns einmal vor, wie attraktiv dieser Bereich gestaltbar wäre – Gastro am Wasser inklusive. Wien hat ja schon einmal ein Entlastungsgerinne für den Alltag nutzbar gemacht und so eine unschätzbare Grün- und Wasserfläche gewonnen. Es würde mich wundernehmen, wäre so etwas in der Art hier nicht auch möglich.
Siehe auch
Dieser Artikel ist Teil der →Wienfluss Serie
Quellen
DER ARCHITEKT. Wiener Monatshefte für Bauwesen und Decorative Kunst. VI. Jahrgang 1900.
Friedrich Ohmann, Wikipedia
Neues Wiener Tagblatt, 25.3.1906
Nur recht viel Grün! Das Wienfluss-Portal im Stadtpark, von Dr. Iris Meder
Bildnachweise
Friedrich Ohmann (Architekt), Abschluss der Wienfluss-Einwölbung am Stadtpark, Perspektive, 1903–1907, Wien Museum Inv.-Nr. 93306/2, CC0
Friedrich Ohmann (Architekt), Portal der Wienflusseinwölbung im Stadtpark, Schlußstein und Brunnenschale, 1903, Wien Museum Inv.-Nr. 106930, CC0
Das Wienflussportal von Friedrich Ohmann beim Stadtpark, 1./3., Johannesgasse.Blick Richtung flussaufwärts, CC BY-SA 3.0 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wienflussportal_beim_Stadtpark.JPG)
Sonstige Farbphotographien von Ingo Lantschner, August 2022
Dieser Artikel ist Teil der
Serie Wienfluss
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