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Wienfluss: Wie vertragen sich Begrünung und Hochwasser?
Kann ein reißendes Gewässer wie der Wienfluss sinnvoll begrünt oder gar zu eiem Erholungsgebiet umgestaltet werden?
»Ein paar nicht zu bändigende Grünwähler im 6. Bezirk wollten das Flussbett mit Sträuchern bepflanzen. Sie wollen nicht zur Kenntnis nehmen, dass das schlicht nicht geht, weil es ab und an Hochwasser gibt.«
Hochwasser am Wienfluss 2024 – die Retentionsbecken in Auhof sind voll, der Wienfluss fließt unkontrollierbar durch die Stadt. Der Pegelstand bei Hietzing ist der höchste seit den Aufzeichnungen beginnend mit 1976. Folglich mussten große Teile des U-Bahnnetzes gesperrt werden. Nevillebrücke zwischen Mariahilf und Margareten – bei sinkendem Pegelstand gut zu sehen: Die Begrünung der Brücke und der Mauern ist trotz des Rekordhochwassers noch intakt. Angesichts des hochwasserführenden Wienflusses mag es oberflächlich betrachtet unvernünftig erscheinen, den Wienflusskanal zu begrünen oder gar als Erholungsgebiet nutzbar zu machen. Wien hat aber mit der Nutzung von Hochwasserschutzbauten als Erholungsraum schon reiche und gute Erfahrung. Die Donauinsel ist ja genau das – ein Entlastungsgerinne mit Schutzdamm, das vor allem bei Schönwetter viel besucht wird und in dem sich ein Lokal an das andre reiht.
Doch worum geht es bei der »Renaturierung« des Wienflusskanals eigentlich? Es sind verschiedene Anliegen und Pläne, die gerne unter diesem Schlagwort versammelt werden.
- Begrünung der seitlichen Kanalmauern. Die Projektentwürfe der MA 22 dazu datieren aus 2007. Es ginge im Wesentlichen darum, vor allem die südlich orientierten, senkrechten Mauern mit von oben herabwachsenden Kletterpflanzen zu beschatten. Diese Maßnahme trüge wesentlich dazu bei, dass wieder vermehrt kühle Luft aus dem Wienerwald nach Wien einströmen kann. Erstmals wurde dies 2022 in Mariahilf zwischen Wackeroden- und Nevillebrücke umgesetzt. Die Pflanzen sind heute, ein Jahr später naturgemäß noch recht schüchtern. So lange das aber nicht bis nach Hütteldorf durchgängig gemacht wird, wird sich keine Kaltluftströmung einstellen.
- Aufstau und damit Begrünung der Sole: Wenn der Wienfluss, so wie in Hütteldorf, durch kleine Hindernisse abgebremst und damit aufgestaut werden würde, dann würden sich dort von alleine auch Pflanzen festsetzen und die Sole begrünen. Dies hätte neben ästhetischem Mehrwert vor allem auch einen abkühlenden Effekt. In Verbindung mit begrünten Seitenwänden wird die Rolle des Wienflusses als Kaltluftschneise realistisch.
- Schaffung eines Erholungsraumes. Die Überlegungen der MA 45 – Gruppe Schutzwasserbau sind schon etwas älter. Dank des inzwischen errichteten Wientalkanals, sollte die Umsetzung heute sogar einfacher sein. Diese Idee wurde 2023 von den Grünen aufgegriffen und visualisiert. Die Grundidee ist eine gute, die Visualisierung aber in etlichen Details nicht stimmig: So sind Schwäne am Wienfluss nicht heimisch und die Begrünung der Mauern fehlt oder ist viel zu schwach, um den so wichtigen Kaltluftschneisen-Effekt auszulösen. Grundsätzlich ist der Vorstoß aber zu begrüßen!
Es ist also, je nachdem, was man unter »Renaturierung« versteht, unterschiedlich schwierig, diese in einer hochwasserverträglichen Form umzusetzen. Angesichts der zunehmenden Hitze – welche das weit größere Problem für Wien darstellt! – sind aber vor allem die Begrünungs- und Abkühlungsmaßnahmen von allerhöchster Dringlichkeit und sollten keinesfalls mehr länger aufgeschoben werden.
Dieser Artikel ist Teil der
Serie Wienfluss
- 28.07.2022
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